Die stereoskopischen Betrachtungsapparate.
Zur Erreichung eines plastischen Eindruckes ist es notwendig, die Teilbilder der Stereopositive mit einem Hilfsgerät zu einem einzigen Ganzen zu vereinigen, wodurch dann die räumliche Wirkung hervorgerufen
wird. Zu diesem Zwecke dienen uns Betrachtungsapparate verschiedenster Form und Art. Über die Grundbedingungen, die zur Erlangung einer guten und wahrheitsgetreuen Darstellung notwendig sind, sowie über die
einzelnen Modelle, die man im Handel erhält, wollen wir jetzt sprechen. Der stereoskopische Betrachtungsapparat hat also zunächst die Aufgabe, die erhaltenen Teilbilder dem Augenpaare so zu vermitteln, daß sie zu
einem Gesamtbilde, welches einen natürlichen körperlichen Eindruck auszulösen hat, verschmelzen. Das Stereoskop muß aus diesem Grunde nur das dem betreffenden Auge zugehörige Bild demselben sichtbar machen, das
andere Teilbild diesem verbergen; um räumlich richtig zu sehen, müssen durch den Betrachter die Augen in den jeweils zugehörigen Abbildungsmittelpunkt der Teilbilder gebracht werden. Aus diesen beiden Forderungen
ergibt sich im großen und ganzen die Grundform des Stereoskops.
Das erste Stereoskop wurde schon vor der Erfindung der Photographie gebaut und diente zur Betrachtung gezeichneter räumlicher Figuren. Es wurde im Jahre 1833 von Wheatstone erfunden, aber erst 1838 näher
beschrieben. Sechs Jahre später - 1844 - erschienen die ersten stereoskopischen Photographien, die großes Aufsehen hervorriefen. An Stelle von Linsen bediente sich Wheatstone zweier Spiegel; derselbe Erfinder
konstruierte desgleichen das erste Prismenstereoskop, das durch den Physiker Brewster optisch noch wesentlich verbessert wurde.
Das Brewster'sche Stereoskop ist ein Kästchen in konischer Form, das an seiner Rückseite eine Mattscheibe eingebaut hat. An der vorderen Seite sind zwei positive Linsen befestigt, die zur Betrachtung des
an der Mattscheibe aufgelegten Bildes verhelfen. Die Linsen haben aber nicht die normale Form, sondern bilden nur den Ausschnitt aus größeren Linsen. Durch diese Konstruktion wird es ermöglicht, daß sich die Augen
wie erforderlich auf „unendlich" einstellen. Dieser Betrachter hat große Verbreitung gefunden und ist auch heute noch in Verwendung.
Ganz ähnlich in der Form, in seiner Wirkungsart aber wesentlich verbessert, ist das Stereoskop von Helmholtz, der ja auch die Bedingungen für das Zustandekommen eines einwandfreien richtigen Raumbildes
aufstellte und seinen Apparat dementsprechend ausbaute. Die Objektive dieses Stereoskops lassen sich bereits auf den jeweiligen Augenabstand genau einstellen. Damit die räumliche Wirkung und Natürlichkeit beim
Betrachten von Bildern, die mit verschiedenen Brennweiten aufgenommen wurden, gewahrt bleiben, ist es notwendig, daß sich auch die Brennweite der Linsen des Betrachtungsapparates verändern läßt. Eine derartige
Ausgestaltung erfuhr das „Ortho-Stereoskop" von Stolze, das mit mehreren Linsenpaaren versehen ist, die je nach der Notwendigkeit einzeln oder zusammen verwendet werden können. Als Neuerung von Bedeutung fügte
Stolze zwischen den Betrachtungslinsen und dem Bilde einen Blendrahmen ein, der die Aufgabe hat, das Bild von der sonst störenden Umgebung abzuschließen.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß mit dem Stolzeschen „Ortho-Stereoskop" die Betrachtungsapparate ihre höchste Vollkommenheit erreichten.
Wenden wir uns nach diesem kurzen Rückblick über die Entwicklung der Stereoskope den Forderungen zu, die sie zu erfüllen haben, um einer natürlichen plastischen Wirkung des zu betrachtenden Bildes gerecht
zu werden.
Vor allem muß verlangt werden, daß der Betrachtungsapparat eine derartige Einrichtung erhält, daß eine Betrachtung der beiden Teilbilder aus dem jeweiligen Abbildungsmittelpunkte erfolgt, um so das Auge
vor Anstrengung und Ermüdung zu bewahren. Dieser Forderung entsprechen verschiedene Möglichkeiten; je nach der Art der Betrachtung sind zur Bildvermittlung die von dem Bilde kommenden Strahlen mit Hilfe von Spiegeln
oder Linsen in das Auge zu führen. Stets ist es jedoch notwendig, daß die von den zusammengehörigen Fernpunkten ausgehenden Strahlen gleichgerichtet aus dem Betrachtungsapparat heraustreten und so in die Augen
gelangen.
Eine besonders wichtige Forderung ergibt sich aus dem gerechtfertigten Verlangen, daß die Bilder eine natürliche perspektivische Wirkung aufweisen sollen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Linsen
des Betrachtungsapparates annähernd die gleiche Brennweite haben, wie sie die Objektive der Aufnahmekamera besitzen. Eine weitere Bedingung gilt der Haltung des Stereoskopes bei der Betrachtung. Wie schon in einem
früheren Abschnitt angedeutet wurde, muß die Haltung des Stereoskopes so mit der Haltung des Augenpaares übereinstimmen, wie sie das Augenpaar bei der Betrachtung der Gegenstände und Dinge selbst einnehmen würde; in
der Regel wird der Betrachtungsapparat aus den angeführten Gründen so zu halten sein, daß die Achsen der Linsen und ihre Verbindungslinie ebenso waagrecht liegen, wie es schon von der Stellung der Aufnahmekamera
verlangt wurde. Nur in Ausnahmefällen wird eine Neigung nach irgendeiner Richtung zu erfolgen haben.
Sehr vorteilhaft ist es, wenn sich die Augen in einem dunklen Raum befinden und die inneren Teile des Stereoskopes sowie die Umrahmung der Bilder dunkel gehalten sind. Der Betrachtende erhält dadurch das
Gefühl, als ob er sich in einem verdunkelten Raum befände, von welchem aus das abgebildete Objekt durch einen Ausschnitt in der Wand betrachtet würde.
Die preiswerten und etwas teureren Betrachtungsapparate erfüllen die eben aufgestellten Forderungen alle recht vollkommen; daß aber die gewöhnlichen und sehr billigen „amerikanischen" Stereoskope den
gegebenen Bedingungen nicht gerecht werden können, ist wohl ohne weiteres klar und bedarf keiner ausführlichen Darlegungen. So viel sei daher über die Betrachter vorausgeschickt; wir wollen uns nunmehr den
markantesten Typen der Stereoskope zuwenden, um diese kennenzulernen.
Für die Betrachtung von Papier-Stereobilder gibt es kleine Stereoskope im Handel, die im geschlossenen Zustand so flach wie eine Brieftasche sind. Leider können die Okulare nicht verstellt
werden, so daß nicht jeder die Bilder bei der Betrachtung völlig scharf sieht, wodurch die wunderbare Wirkung des Raumbildes naturgemäß etwas leidet. Die Firma Dr. Ferdinand Gebhard, Berlin
- Lichterfelde, stellt solche Betrachtungsapparate unter dem Schutznamen „Omniplast-Stereoskop" in drei verschiedenen
Modellen für die Größen 4,5 x 10,7, 6 x 3 und 9 x 12 cm her. Der Betrachter 4,5 x 10,7 ist aus fester Hartpappe mit vernickelten Metallfassungen hergestellt, während die Stereoskope für die
übrigen Formate aus schwarzlackiertem Metall angefertigt werden. Fig. 27 zeigt einen Omniplast-Betrachter für die Größe 6 x 13 cm
Nachstehend beschriebene Stereoskope sind fast durchwegs nur für die Betrachtung von Diapositiven geeignet; einige Modelle können außerdem auch noch zur Betrachtung von Papierbildern herangezogen werden.
Das Stereo-Dioskop - Fig. 28 - der Firma E. Busch, Rathenow, wird zur Benützung für die Größen 4,5 x 10,7 und 6 x13 cm hergestellt und hat - wie Fig. 28 zeigt - die Form eines Opernglases.
Die Brennweite der Linsen ist der für das betreffende Bildformat entsprechenden Brennweite der Aufnahmeobjektive angepaßt, so daß eine völlig naturgetreue Wirkung des Bildes erzielt wird. Die Stereo-Dioskope werden für die mittlere Augenentfernung von 64
mm gebaut; infolge der großen Okulare passen sie aber auch für abweichende Augenabstände. Die Handhabung des Dioskopes ist sehr einfach. Das Stereo-Diapositiv wird von oben in den
Betrachtungsapparat eingeschoben und durch eine Feder festgehalten, wodurch das Bild stets senkrecht zur optischen Achse steht. Das Dioskop wird in drei verschiedenen Modellen geliefert:
Modell I ist für Diapositive 4,5 x 10,7 geeignet, mit plankonvexen Linsen ausgestattet, besitzt jedoch keinen
Mitteltrieb, durch welche der Abstand der Okulare vom Diapositiv - also für die verschiedenen Augenstärken -
verändert werden könnte. Modell II ist für das gleiche Format bestimmt, wird aber mit achromatischen Linsen und Mitteltrieb ausgeführt; dieselbe Ausstattung besitzt Modell III A für die Größe 6 x 13 cm. Modell III B ist
gleichfalls für 6 x 13 cm bestimmt, stellt aber eine Neukonstruktion in offener Form mit einem Handgriff dar und
bietet den Vorteil, sowohl für die Betrachtung von Diapositiven als auch von Papierbildern geeignet zu sein.
Die Betrachtungsapparate der Zeiß Ikon A.-G.
Wie alles, was die Zeiß Ikon in den Handel bringt, ein Werk größter Genauigkeit ist, so nehmen auch die
verschiedenen Stereo-Betrachtungsapparate eine gesonderte Stelle von hoher Vollkommenheit ein; aus diesem Grunde sollen die einzelnen Konstruktionen einer näheren Beschreibung unterzogen werden.
Das Idealoskop - Fig. 29 - für Papierbilder und Diapositive 4,5 x 10,7, ist wohl neben den amerikanischen Betrachtungsapparaten das billigste Stereoskop, welches es gibt, hat aber vor diesen vieles
in Qualität und Leistungsfähigkeit voraus. Obgleich das Idealoskop
aus Metall gebaut, ist es doch den Bedürfnissen nach Strapazierfähigkeit sehr gut angepaßt. Die Okulare haben einen Linsenabstand von 64 mm. Der Rahmen, welcher zur Aufnahme der
Diapositive dient, ist mit einer Mattscheibe versehen und zur Betrachtung für jede Augenschärfe mittels Parallelführung durch Scherenspreizen einstellbar.
Miroplast-Taschenbetrachter 6 x 13 cm - Fig. 55 -. Der Miroplast-Betrachter des Miroplast-Verlages, Wien
Vll, hat in den Reihen der Stereoskopiker großen Anklang gefunden, um so mehr als sein Preis äußerst niedrig gehalten ist. Ein solcher Betrachter hat schon lange am Markt gefehlt, denn die bisherigen
Betrachter in derartiger Preislage hatten stets den Nachteil, daß sie nur auf eine bestimmte Augenschärfe scharf eingestellt waren, wodurch viele Leute überhaupt kein scharfes Bild, ja oft sogar keine
plastische Wirkung erhalten konnten. Diese fühlbare Lücke wurde durch den Miroplast-Betrachter nunmehr beseitigt. Dadurch, dass er optisch und konstruktiv wirklich einwandfrei ist, vermag dieser
Betrachter bei der Vorführung von Stereopapierbildern einen wirklichen Genuß zu verschaffen. Er entspricht allen Anforderungen, die an einen solchen Apparat gestellt werden müssen, um
einwandfrei stereoskopische Effekte erzielen zu können. Die eingebauten Linsen sind tatsächlich recht gut und zeichnen das Bildfeld vollkommen aus; hierzu kommt noch, daß
man den Miroplast für jede Augenschärfe regulieren kann. Dabei ist er im zusammengelegten Zustand nicht dicker als ehre Zigarrentasche. Der Miroplast faßt 50 Bilder, so daß man
also ständig ohne irgendwelche Unbequemlichkeiten eine Reihe seiner Bilder zum Vorzeigen mitführen kann.
Das Stereoskop Nr. 1518 - Fig. 30 - ist zur Betrachtung von Papierstereobildern 8,5 x 17 und 9 x 18 cm geeignet. Es stellt die einfachste Form des Brewsterschen Stereoskopes dar. Der
Augenteil wird aus einem sich an Stirne und Schläfen anschließenden Vorbau gebildet, der die Aufgabe hat, das Augenpaar gegen das Stereoskop auszurichten und gegen störendes Nebenlicht zu
schützen. Als Bildträger dient eine Querleiste aus Holz, die mit Drahtbügeln versehen ist, in welche die Bilder einfach eingeschoben und festgeklemmt werden. Zur Anpassung an die jeweilige
Augenstärke läßt sich der Bildträger auf einer Holzschiene verschieben.
Das Ortho – Stereoskop - Fig. 31 - stellt eine Kombination der Helmholtzschen und Stolzeschen Konstruktion dar. Es ist das Linsenstereoskop von Helmholtz, durch die Blende von Stolze
wesentlich verbessert. Der Apparat kann sowohl zur Betrachtung von Papier als auch Glasbildern bis zum Format 9 x 18 cm verwendet werden. Der Bildhalter läßt sich zur Erreichung größter
Schärfe durch Zahntrieb für verschiedene Entfernungen verstellen - weiter kann auch der gegenseitige Linsenabstand den jeweiligen Verhältnissen entsprechend vergrößert oder verkleinert werden. Das Ortho-Stereoskop ist ein zweckmäßiger Betrachtungsapparat, da er vielseitige Verwendung gestattet.
Der Zeiss Ikon-Betrachtungsapparat Nr. 628 - Fig. 32 - in Kastenform und konischer Art ist ein sorgfältig durchkonstruierter Betrachter, der alle an solche Apparate gestellten Bedingungen
erfüllt. Er wird für die Formate 4,5 x 10,7 und 6 x 13 cm hergestellt, für die erst genannte Größe in verschiedenen Ausführungen. Das einfachere Modell besitzt keine Linseneinstellung, während die bessere Ausführung mit Zahntrieb und stark
vergrößernden Linsen versehen ist. Ein weiteres Modell hat Weitwinkel-Ausführung, welches gleichfalls stark vergrößernde Linsen besitzt und durch Zahntrieb scharf einstellbar ist. Außerdem
kommt das eben genannte Weitwinkelmodell noch mit einer Spiegeleinrichtung in den Handel, um auch Papierbilder betrachten zu können. Für das
Format 6 x 13 wird diese Konstruktion nur in einer Ausführung hergestellt mit stark vergrößernden Linsen, Zahntrieb zur Scharfeinstellung und mit Spiegel zur Betrachtung von Papierbildern.
Die Handhabung aller Modelle ist sehr einfach; die Diapositive oder Papierbilder, mit diesem Apparat betrachtet, haben eine sehr gute natürliche Wirkung.
Alle bisher aufgezählten Modelle sind so eingerichtet, daß zur Betrachtung das Diapositiv jeweils in das Stereoskop
eingelegt und nachher wieder herausgenommen werden muß, um einer anderen Aufnahme Platz zu machen. Handelt es sich aber um die Betrachtung ganzer Serien, so ist das fortwährende Einlegen und Herausnehmen
umständlich und lästig; außerdem wird durch diese sich öfter wiederholenden, unfreiwilligen „Pausen" der Genuß,
den uns die plastischen Bilder schaffen, eingeengt und gestört. Zur Betrachtung von Bildserien oder zusammenhängenden Aufnahmereihen hat die Industrie ganz besondere und sehr präzis gearbeitete
Betrachtungsapparate auf den Markt gebracht, wie z. B. den „Stereospekt" und „Multiplast" der Zeiß lkon.
Der Stereospekt - Fig. 33 - ist äußerlich ein sehr vornehm und elegant wirkendes Schränkchen aus poliertem Mahagoniholz. Ohne Auswechselung können hintereinander 12 Bilder betrachtet werden.
Zu diesem Zwecke lassen sich 12 Glasbilder in die hierfür vorgesehenen Einsatzhülsen bringen und im Inneren des Kastens aufbewahren; eine sehr sinnreiche Wechselvorrichtung bringt die
Diapositive jeweils vor die Okulare. Der Stereoskopiker braucht, nachdem die Glasbilder 4,5 x 10,7 oder 6 x 13 cm einmal in ihrer Hülse angebracht sind, die Diapositive überhaupt nicht mehr zu
berühren, wodurch die kostbaren Glaspositive vor Beschädigungen geschützt sind.
Bei den früher aufgezählten Betrachtungsapparaten ist es nötig, die Diapositive durch ein Deckglas vor sonst nur zu leicht möglichen Beschädigungen zu schützen. Die Anbringung von solchen
Schutzgläsern auf den Diapositiven kostet aber Mühe und Zeit; es ist trotzdem die einzige Art, die Bilder vor Kratzern usw. zu bewahren. Diese Arbeit darf keinesfalls unterlassen werden, da jeder kleinste
Kratzer oder Nadelstich sich beim Betrachten durch Hervortreten aus der Bildebene unangenehm bemerkbar macht und störend wirkt. Beim Stereospekt kann sich der Lichtbildner alle diese Arbeiten ersparen, ja die
Gebrauchsanweisung schreibt sogar vor, daß die Diapositive nicht mit Deckgläsern versehen werden dürfen!
Die Handhabung des Stereospektes ist ungemein einfach. Ist der eingelegte Satz durchbetrachtet und hat man
nunmehr eine andere Serie zu zeigen, so kann mit wenigen Griffen sofort wieder ein neues Magazin eingesetzt werden.
Näher auf die Behandlung des Stereospektes einzugehen, erübrigt sich, da eine leichtverständliche
Gehrauchsanweisung vollkommene Aufklärung über alle notwendigen Handgriffe gibt. Sehr praktisch ist auch der Aufbewahrungsschrank, dessen Anschaffung zur Vervollständigung der Einrichtung bestens empfohlen werden
kann. Der Aufbewahrungsschrank hat 24 Fächer, in welche ebensoviele Sätze von Hülsen a) 12 Stück untergebracht werden können. Der Schrank dient gleichzeitig als Untersatz zum Stereospekt und ergänzt diesen
infolge seiner ebenso praktischen wie eleganten Ausführung auf vollkommene Weise.
Der Multiplast - Fig. 34 -. Dieser Betrachtungsapparat ist ein sehr vollkommener Gerät; er eignet sich - wie wir später noch hören werden - nicht nur zum Betrachten der Stereo-Diapositive, sondern
auch zum Projizieren der Einzelbilder.
Der Zeiss Ikon-Multiplast ist ein Betrachtungsapparat für
Diapositive 4,5 x 10,7 oder 6 x 13 cm. Er arbeitet, wie der Stereospekt, mit selbsttätiger Bildwechslung. Nur finden an Stelle der Hülsen für 12 Diapositive Nutenkästen, die 25 Diapositive der
Größe 4,5 x 10,7 oder 6 x 13 fassen, Verwendung. Sie lassen sich mit einem einzigen Handgriff in den Multiplast einsetzen und sind dann bereits vorführungsbereit. Die Wechslung der Bilder erfolgt
durch Niederdrücken eines seitlich angebrachten Hebels; nach jedem Weitertransport eines Diapositives springt der Zeiger einer auf der anderen Seite angebrachten Uhr um eine Ziffer vorwärts.
Sind alle 25 Dias betrachtet und der Zeiger also bei Nummer 25 angelangt, so genügt ein weiterer Hebeldruck, um wieder das erste Diapositiv erscheinen zu lassen. Sehr angenehm ist es aber, die
Bilder auch außerhalb der Reihenfolge betrachten zu können. Hat man z. B. den Wunsch, Bild 8 nochmals zu betrachten, so braucht der Stereoskopiker nichts weiteres zu machen, als den
Wechselhebel niederzudrücken, den Zeiger der Zähluhr auf 8 einzustellen und den Hebel loszulassen; das gewünschte Bild steht dann sofort wieder im Gesichtsfeld. Beim neueren Modell des
Multiplast erfolgt die Bildwechslung mittels einer Kurbel, eine Vorrichtung, die sehr praktisch ist. Die Kurbel wird einfach nach vorwärts gedreht; sind alle 25 Dias durchbetrachtet, dann braucht
man die Kurbel nur im Rückwärtsgang drehen und kann so die Bilder abermals ansehen. Außer dieser exakten Wechseleinrichtung „spielt" der Multiplast noch eine Menge anderer Dinge!
Zunächst wäre eine ungemein sinnreich erdachte Spiegelvorrichtung zu erwähnen, die sich durch Niederdrücken
eines kleinen Hebels sehr einfach betätigen läßt. Durch diese Einrichtung wird das Bildfeld völlig abgedeckt und nur
der zwischen den beiden Teilbildern befindliche Mittelstreifen ins Gesichtsfeld „gespiegelt", so daß man Bildtitel, die
auf diesem Mittelstreifen angebracht werden, lesen kann, ohne das betreffende Diapositiv erst umständlich aus dem Apparat nehmen zu müssen.
An trüben Tagen oder bei schlechten Aufstellungsgelegenheiten des Multiplastes ist es mitunter nicht möglich, den Diapositiven die nötige Durchleuchtung zu einer gedeihlichen Betrachtung zu geben. In
solchen Fällen ist hierfür eine sehr praktische Vorrichtung vorgesehen. An der rückwärtigen Seite des Multiplastes - den Okularen gegenüberliegend - ist eine Mattscheibe zur Zerstreuung
des Lichtes angebracht. Um auch in den oben geschilderten Fällen unabhängig zu sein, läßt sich nunmehr hinter dieser Mattscheibe in Beleuchtungskasten - Fig. 34a - einschieben, der mit einer
16kerzigen Glühlampe versehen ist. Die Lampe bewirkt eine starke Beleuchtung des im Apparate zur Betrachtung befindlichen Diapositives und erlaubt dadurch, den Apparat zu jeder Zeit
unabhängig vorn Tageslicht benutzen zu können.
Eine weitere Vervollkommnung des Multiplastes bildet die schon eingangs erwähnte Möglichkeit der Projektion des einen oder anderen Stereo-Einzelbildes. Die Projektionseinrichtung besteht aus
einem Lampenhaus - Fig. 34b - und dem Kondensor - Fig. 34c - mit Gehäuse. Mit wenigen Handgriffen ist der Multiplast vom Betrachtungs- zum Projektionsapparat umgewandelt; wird die
rückwärts gelegene Mattscheibe heruntergeklappt, die Lampe mit dem Kondensor eingesetzt, so kann eines der "Peilbilder durch eine der Betrachtungslinsen bis zur Größe von einem Quadratmeter,
eventuell auch darüber hinaus, hell und sauber an die weiße Wand projiziert und so allen Anwesenden zu gleicher Zeit ein anregendes Vergnügen geschaffen werden. An Stelle des einen Okulares kann -
wenn nötig - auch ein Spezial-Projektionsobjektiv mit einer Brennweite von 12 cm in Zylinderfassung Verwendung finden, wodurch eine noch größere Projektion ermöglicht wird. Es muß
wohl nicht besonders darauf hingewiesen werden, daß die Diapositive für die Projektion „kopfstehend" einzusetzen sind. Dieser Vorgang läßt sich bei der Multiplast-Einrichtung sehr einfach
durchführen. Wir nehmen einen der leeren Nutenkästen - wie sie für den Multiplast passen - und stülpen ihn auf einen gefüllten Nutenkästen, dessen Inhalt zur Projektion bestimmt ist; danach wird
das Ganze umgekehrt, wodurch die Diapositive aus dem vollen in den leeren Kasten gleiten und nunmehr kann projiziert werden.
Falls zur Betrachtung Autochrom- oder Agfa-Farbenplatten herangezogen werden, dürfen keine so starkvergrößernden Betrachtungslinsen Verwendung finden, weil sonst das Rasterkorn, welches solchen Platten zu
eigen ist, schon eine störende Wirkung hätte. Auch solchen Umständen trägt der Multiplast Rechnung. Durch Hochschieben eines im Inneren angebrachten Linsensystems läßt sich die Vergrößerung erheblich vermindern.
Durch eine recht sinnreiche Anordnung können die Farben- und Autochromplatten genau so einfach gewechselt werden wie gewöhnliche Diapositive.
Sehr praktisch ist auch die Auswertungsmöglichkeit des Multiplast-Unterbaues, der für die Aufbewahrung der
Diapositive bestimmt ist. Er enthält drei Schubladen mit je vier Fächern und kann also zusammen 12 Nutenkästen
für 25 Diapositive aufnehmen, was einen Gesamtfassungsraum für 300 Diapositive ergibt. Außerdem wird zu dem Multiplast noch separat ein elegantes Säulenschränkchen geliefert, dessen Hohlraum gleichfalls der
Diapositivaufbewahrung dienstbar gemacht wurde und 700 bis 900 Dias faßt.
Ohne Zweifel ist der Multiplast ein Betrachtungsapparat höchster Präzision und vielseitiger Verwendbarkeit. Bei
Nichtbenutzung läßt sich der Apparat vollkommen abschließen und bildet in seiner vornehmen Ausführung in poliertem Mahagoniholz mit feinen Nickelbeschlägen eine Zierde für jedes Zimmer und jeden eleganten Salon.
Die Betrachtungsapparate von Franke & Heidecke.
Diese Firma bringt zwei Typen von Betrachtern auf den Markt, ein Modell für den Handgebrauch und eines für die Serienbetrachtung. Der Heidoplast-Betrachter - Fig. 35 - ist kastenförmig gebaut, aus
Mahagoniholz hergestellt und besitzt zwei achromatische Okulare. Mittels Zahntrieb können die Okulare für jede Augenstärke scharf eingestellt werden; eine zweite Zahntriebvorrichtung ermöglicht es,
die Okulare einander zu nähern oder zu entfernen, wodurch jedem Augenabstand Rechnung getragen wird. Bei diesem Modell ist es daher ausgeschlossen, daß die Stereobilder beim Betrachten
doppelte Konturen aufweisen. Besonders muß noch auf die Okular-Lichtschutzblenden hingewiesen werden, die hier derart sachgemäß ausgebaut sind, daß nicht das geringste fremde Licht eindringen und die Betrachtung stören könnte. Sehr praktisch ist auch der
Verschluß des Schlitzes, in welchen die Diapositive eingeschoben werden. Eine spezielle Spiegeleinrichtung ermöglicht außerdem die Betrachtung von Stereo-Papierbildern. Der Heidoplast ist sowohl für die Größe 4,5 x 10,7 als 6 x 13 erhältlich.
Der Planox-Heidoplast - Fig. 36 - ist der zuverlässig arbeitende Stereo-Automat für die Betrachtung von Bildserien. Die Konstruktion ist überaus gediegen, die Handhabung ungemein
einfach. Im freien Raum - unter den Okularen - wird ein sogenannter Transportkasten eingesetzt, der 20 Diapositive aufnimmt. Diese können sowohl mit als auch ohne Deckglas benützt werden. Jedes
Diapositiv wird an der oberen Kante mit einer Metallschiene versehen; ist der Transportkasten auf diese Weise mit 20 Dias gefüllt, wird er in das Innere des Planox-Heidoplast-Gehäuses gebracht.
Ein Hebel an der rechten Außenseite führt zu einem Magneten im Innern des Gehäuses, der die Diapositive in die richtige und genaue Betrachtungsstellung bringt. Ein Zählwerk zeigt jeweils das zur
Betrachtung kommende Diapositiv an, so daß man immer in der Lage ist, die Benennung des Bildes ermitteln zu können. Die Okulare lassen sich, wie beim Heidoplast, auf jede Augenstärke und für jede
Augenweite einstellen. Der Untersatz des Planox-Heidoplast faßt
100 Diapositive. Der Betrachter ist aus feinstem Holz gearbeitet und vornehm poliert. Neben den Planox - Heidoplast bringen Franke ä Heidecke seit einiger Zeit, in genau der gleichen
Ausstattung einen Universal-Planox-Heidoplast auf den Markt, in welchem man sowohl Dias 4,5 x 10,7 als auch 6 x 13 cm betrachten kann.
Der Auto-Heidoplast - Fig. 56 - von F r a n k e & H e i d e c k e ist ein überaus praktischer Handbetrachter zur Vorführung von Diapositivserien. Der Betrachter gestattet 12 Aufnahmen 6 x 13
oder 4,5 x 10,7 cm unmittelbar nacheinander zu zeigen. Der Auto-Heidoplast hat die gleichen Dimensionen und genau dieselbe Form
wie der in Fig. 35 abgebildete einfache
Handbetrachter. Er besteht also aus dem Körper des gewöhnlichen Betrachters, zum Unterschied befindet sich jedoch eine Schublade - man könnte auch Wechselkassette oder Magazin sagen - darin.
Diese „Lade" faßt 12 ungedeckte oder 6 gedeckte Stereodias bzw. 6 Autochromaufnahmen, wozu allerdings entsprechende Einlagen, auch Rähmchen genannt, nötig sind. Die Handhabung des Einlegens
und Auswechselns der Rähmchen ist derart einfach, daß sich ein besonderes Eingehen hierauf erübrigt, um so mehr als jedem AutoHeidoplast eine leichtverständliche Anleitung beiliegt.
Der Auto-Heidoplast hat dem einfachen Handbetrachter gegenüber eine Reihe bedeutender Vorteile! In erster
Linie werden die Dias um vieles mehr geschont und bleiben so besonders von Kratzern frei, die bei der Stereobetrachtung immer unangenehm stören, so daß man sich die mühevolle und zeitraubende Arbeit des
Abdeckens mit Schutzgläsern ohne weiteres ersparen kann. Die Vorführung wird bedeutend erleichtert und macht
einen weitaus besseren Eindruck, zumal gleich geschlossene Serien nacheinander gezeigt werden können. Zufolge des kleinen Volumens und des geringen Gewichtes bereitet es keine Unannehmlichkeiten, den Betrachter mit
einigen Wechselkassetten in Gesellschaften mitzunehmen. Er eignet sich vortrefflich auch für die Vertreter des
Handels und der Industrie, die ihre Modelle, wie Moden, Kunstgegenstände, Maschinen usw., ihren Kunden ohne große Kosten plastisch, also der Wirklichkeit entsprechend - vorführen wollen.
Im Heim des Stereoskopikers ist der Auto-Heidoplast infolge seiner geschmackvollen Ausführung ein hübscher
Ziergegenstand eines jeden Salons und außerdem ein sehr praktischer Stereo-Ordner. Zu diesem Zwecke wird der
Betrachter auf einen Sockel gestellt, der 8 auswechselbare Schubladen (Wechselmagazine) in sich birgt und somit
96 Stereobilder faßt. Rechnet man noch die 12 Dias dazu, die im Magazin des Auto-Heidoplast untergebracht sind
, so stehen uns für eine zusammenhängende Vorführung 108 Aufnahmen zur Verfügung. Außerdem ergibt sich auch noch die Gelegenheit, weitere Magazine und Rähmchen separat anschaffen zu können. Auf diese Weise kann man
also seine Stereo-Diasammlung ständig ohne irgendwelche Mühe in Ordnung halten.
Die äußere und optische Ausstattung ist die gleiche wie beim einfachen Handbetrachter: Mahagonigehäuse lackiert,
der Abstand der Okulare ist für die verschiedenen Distanzen der Augenmitten veränderlich; die Linsen sind vorzüglich und zeichnen das Bildfeld vollkommen aus. Die Okulare haben einen doppelten Trieb und können für
jede Augenstärke scharf eingestellt werden.
Der Auto-Heidoplast wird allen Stereo-Amateuren, denen der Ankauf eines automatischen Serienbetrachters wegen des weitaus höheren Anschaffungsbetrages nicht möglich ist, sehr willkommen sein, zumal der Auto
-Heidoplast den gleichen Zweck erfüllt, während sich jedoch sein Anschaffungspreis in recht mäßigen Grenzen bewegt, gerade aber dadurch der Ankauf fast allen Amateuren möglich wird
Die Betrachter der Firma J. Richard, Paris.
Ebenso wie diese Firma eine ganze Anzahl von Stereo-Aufnahmeapparaten herstellt, gehen auch die
verschiedensten Betrachtungsgeräte aus ihrem Werke hervor. Fig. 37 zeigt uns eine Reihe dieser Erzeugnisse, vom
zusammenlegbaren Taschenstereoskop bis zum Betrachter in elegantester Ausführung. Auch ein Stereoskop für Serienbetrachtung stellt die Firma J. Richard unter dem Schutznamen „"Taxiphot" - Fig. 38 - her. Beim Taxiphot können 25 Dias hintereinander betrachtet werden. Durch die
Betätigung eines Hebels oder einer Kurbel werden die in einem Nutenkästchen stehenden Diapositive der Reihe nach vor die Okulare gebracht. Der Sockel des Taxiphotes enthält
drei Schubladen mit je vier Magazine und gestattet so die Unterbringung von 300 Bildern. Das Gehäuse ist entweder in Mahagoni poliert oder in Nußbaum gewachst ausgeführt. Eine
besondere Vorrichtung ermöglicht auch, das Taxiphot für die Projektion von Teilbildern einrichten zu können.
Eine weitere Einrichtung ermöglicht die plastische Projektion der Stereobilder mittels des Anaglyphen-Verfahrens. Daß der Taxiphot-Betrachter auch bei überaus großer
Inanspruchnahme stets vorzüglich - ohne jede Störung - arbeitet, hat sich bei der Ausstellung der „Österreichischen
Gesellschaft für Stereoskopie" im Jahre 1929 praktisch erwiesen, denn da wurde der Taxiphot von vielen tausenden und abertausenden Besucherhänden ohne Unterlaß benützt; er hat sich ohne einen einzigen Versager
während der langen Ausstellungsdauer voll bewährt.
Aus STEREOSKOPIE von Ed. H.Tropsch. © Text überarbeitet von D. Schulte
|