Die Stereofotografie vermittelt den plastischen Eindruck aller Dinge, wie wir ihn beim beidäugigen Sehen von unserer Umwelt empfangen. Während beim Flachbild infolge der mangelnden Raumwirkung die Wiedergabe oft unübersichtlich und in ihrer Darstellung unklar ist, erlaubt die dreidimensionale Fotografie - so wird die Stereofotografie auch genannt - ein besseres Erkennen von Einzelheiten und ergibt eine gute Raumwirkung. Dies trifft besonders für solche Aufnahmeobjekte zu, die aus vielen Details bestehen und eine große Tiefenausdehnung haben. Der Betrachter von Stereoaufnahmen fühlt sich völlig in die Umgebung des Motivs versetzt, oder er hat den Eindruck - dies gilt für Aufnahmen im Nahbereich -, den Gegenstand greifbar und wirklich vor sich zu haben. Es steht dabei außer Zweifel, daß neben dem Erzielen reizvoller und ungewöhnlicher Effekte vor allem auch der wissenschaftlichen Fotografie neue Wege gewiesen werden.


Unser Stereosystem

Bei Stereoaufnahmen müssen zwei Bilder des gleichen Objektes von zwei verschiedenen Punkten - der Basis - aus hergestellt werden, und jedes ist dem entsprechenden Auge zuzuführen. Das erfordert normalerweise entweder eine Spezialkamera mit zwei Objektiven oder die Benutzung von zwei Kameras.
Im Gegensatz hierzu ist bei unserem Stereosystem weder eine Spezialkamera noch eine zusätzliche Kamera erforderlich. Das System wurde besonders für die Kleinbildreflexkameras Certo-Six, Exakta-Varex, Exa, Praktina FX, Praktika und Pentacon entwickelt. Einmal haben diese Kameratypen in zunehmendem Maße den Markt erobert und sind vor allem für Wissenschaft und Forschung zum unentbehrlichen Helfer geworden, zum anderen kann man nur bei diesen Kameras den Bildausschnitt genau festlegen und kontrollieren; hinzu kommt, daß sich bei Benutzung entsprechender Zusatzgeräte auch die Stereowirkung noch dem Mattscheibenbild beobachten läßt.
Bei unserem Stereosystem werden mit Stereovorsätzen, die aus Prismen bestehen, zwei Teilbilder im Format von 15 x 22 mm, getrennt durch einen etwa 4 mm breiten Mittelstreifen, auf dem Kleinbildformat 24 x 36 mm hergestellt. Diese klare Trennung der Teilbilder, auf optischem Wege erreicht, ist ein besonderer Vorzug unseres Systems. Zur Vermeidung von Farbfehlern bestehen die Prismen der Vorsätze aus zwei verschiedenen optischen Gläsern,
Die Stereovorsätze lassen sich nur an Objektiven mit 50 mm Brennweite benutzen, sie können deshalb in Verbindung mit den Tessaren 3,5/50 mm und 2,8/50 mm sowie dem Pancolor2/50mm angewendet werden. Eine Ausnahme bildet lediglich das Tessar 2,8/50 mm mit Springblende (SB), bei dem die Benutzung der Stereovorsätze wegen des zu großen Abstandes zwischen Stereovorsatz und Frontlinsenscheitel des Objektivs zu erheblichen Vignettierungen führen würde und deshalb nicht angängig ist.
Je nach dem Aufnahmebereich stehen zwei Stereovorsätze zur Verfügung. So wird der Stereovorsatz Basis 65 mm für Aufnahmeentfernungen über 2 m benutzt, während der Stereovorsatz mit der Basis 12 mm für alle Aufnahmen unter etwa 2 m Entfernung in Frage kommt. Bei diesem Vorsatz können mit Vorsatzlinsen oder einem zweiten Fotoobjektiv als Vorsatzlinse Stereo-Nahaufnahmen bis zum Maßstab 1:1 hergestellt werden. Damit läßt sich erstmals die Stereofotografie bis zum Makrobereich ausdehnen, und deshalb eignet sich unser Stereosystem in besonderem Maße für wissenschaftliche Aufnahmen.
Die Stereovorsätze werden in das Filtergewinde der Aufnahmeobjektive geschraubt; bei einigen Ausführungen dieser Objektive sind hierzu Zwischenringe erforderlich. Durch Drehen vermag man, die Vorsätze in die richtige Lage zu bringen, in der die Trennlinie zwischen den Teilbildern senkrecht stehen muß. Der Stereovorsatz Basis 65 mm läßt sich hierzu mit seiner Längsseite gut zur Kameraunterseite ausrichten, darüber hinaus kann man die Einstellung bei beiden Vorsätzen am vorteilhaftesten nach zwei markanten Bildpunkten am oberen oder unteren Bildrand vornehmen, die bei richtiger Stellung des Vorsatzes den gleichen Abstand zum Bildrand haben müssen. Der Stereovorsatz Basis 65 mm hat einen Gegenring zum Festklemmen des Vorsatzes in der richtigen Stellung, beim Vorsatz für Nahaufnahmen erübrigt sich das Festklemmen infolge der straffen Führung des drehbaren Vorderteils das die Prismen trägt,
Die Außenflächen der Prismen sowie die Vorsatzlinsen sind mit reflexminderndem, wischfestem Oberflächenbelag versehen. Um zu vermeiden, daß die Gewinde durch Staub u.ä. verschmutzen, werden die Stereovorsätze mit besonderen Schutzkappen geliefert, Gegenüber Normalaufnahmen muß man die Belichtungszeit bei Benutzung der Stereovorsätze etwa 1,5fach (bei Landschaftsaufnahmen) bis 1,8fach (bei Nahaufnahmen) verlängern. Für Farbaufnahmen sind zweckmäßig Erfahrungswerte zu sammeln.


Stereovorsatz Basis 65 mm

Dieser Vorsatz ist für Stereoaufnahmen im Bereich von unendlich bis etwa 2 m bestimmt. Er wird deshalb für folgende Aufnahmegebiete in Frage kommen: Landschaftsaufnahmen, Architekturen (Innen- und Außenaufnahmen), technische und Industrieaufnahmen, Tier und Sportaufnahmen sowie Reportagen und Schnappschüsse.
Der Stereovorsatz Basis 65 mm wird mit einem Gewinde M 49 und einem Gegenring geliefert, Er läßt sich damit direkt in das Filtergewinde folgender Objektive schrauben:

Tessar2,8/50 mm mit automatischer Springblende (ASB) für Exakta-Varex, Exa und Praktina IIA

Tessar2,8/50 mm mit automatischer Druckblende (ADB) für Praktica IV und Pentacon F

Tessar2,8/50 mm für Pentina

Pancolar 2/50 mm mit automatischer Springblende (ASB) für Exakta-Varex, Exa und Praktina IIA

Pancolar 2/50 mm mit automatischer Druckblende (ADB) für Praktika IV und Pentacon F

Soll der Stereovorsatz Basis 65 mm in Verbindung mit den anschließend genannten Objektiven benutzt werden, so ist hierzu der Zwischenring 554051-41 erforderlich, der den Übergang vom Gewinde M 49 des Vorsatzes zum Filtereinschraubgewinde M 35,5 dieser Objektive herstellt und in das Filtergewinde des Objektivs zu schrauben ist,

Tessar 2,8/50 mmmit Rastblende (RB) für Exa
Meritor 2,9/50 mm mit Blendenvorwahl für Exa
Trioplan 2,9/50 mmmit Rastblende für Exa.


Stereovorsatz Basis 12 mm

Dieser Vorsatz ist für Stereoaufnahmen bestimmt, bei denen die Aufnahmeentfernung kürzer als 2 m ist. Er wird deshalb für folgende Aufnahmen benutzt: Porträts, Tier-, Pflanzen und Blumenaufnahmen, medizinische Aufnahmen aller Art (Operationsaufnahmen), Nahaufnahmen bis zum Maßstab 1:1.
Mit dem Stereovorsatz Basis 12 mm sind ohne Vorsatzlinsen Stereoaufnahmen von etwa 2 m bis 0,39 m möglich. Für kürzere Aufnahmeentfernungen liefern wir drei auf diesen Vorsatz zu schraubende Vorsatzlinsen mit den Brennweiten 500, 333 und 200 mm. Bei ihrer Benutzung gelten bei den nachfolgend angegebenen Objektiveinstellungen folgende Aufnahmeentfernungen (Objekt bis Vorsatzlinse):
                               
          
                                Einstellung des Objektivs auf
                                
                                unendlich           0.5m

          ohne Vorsatzlinse              -           0,39 m
          Vorsatzlinse 500 mm         0,50 m         0,22 m
          Vorsatzlinse 333 mm         0,33 m         0,18 m
          Vorsatzlinse 200 mm         0,20 m         0,13 m

Die angegebenen Entfernungen gelten für die Grobeinstellung, die optimale Schärfe ist anhand des Mattscheibenbildes festzulegen.

Für noch kürzere Aufnahmeabstände – dabei sind Aufnahmen bis zum Maßstab 1 : 1 möglich – kann mit dem Zwischenring 554051-31 einzweites Fotoobjektiv umgekehrt als Vorsatzlinse auf den Stereovorsatz geschraubt werden; die Frontlinse ist dabei dem Stereovorsatz zugewandt. Hierzu eignen sich alle Objektive unserer Fertigung, die ein Filtereinschraubgewinde M 49 haben.

Den Stereovorsatz Basis 12 mm liefern wir mit zwei objektivseitigen Gewinden M 49 und M 30,5. Er läßt sich damit direkt an folgenden Objektiven benutzen:

Tessar 2,8/50 mm mit automatischer Springblende (ASB) für Exakta-Varex, Exa und Praktina IIA

Tessar 2,8/50 mm mit automatischer Druckblende (ADB) für Praktika IV und Pentacon F

Tessar 2,8/50 mm für Pentina

Pancolar 2/50 mm mit automatischer Springblende (ASB) für Exakta-Varex, Exa und Praktina IIA

Pancolar 2/50 mit automatischer Druckblende (ADB) für Praktika IV und Pentacon F

Tessar 3,5/50 mmund 2,8/50 mm ohne Blendenvorwahl (ält. Ausf.)

Soll der Stereovorsatz Basis 12 mm an den nachfolgend genannten Objektiven benutzt werden, so ist ebenso wie beim Stereovorsatz Basis 65 mm der Zwischenring 554051-41 erforderlich:

Tessar  2,8/50 mm mit Rastblende (RB) für Exa
Merita  2,9/50 mm mit Blendenvorwahl für Exa
Trioplan 2,9/50 mm mit Rastblende für Exa.

Die erwähnten drei Vorsatzlinsen sowie die jeweils angegebenen Zwischenringe sind im Fachhandel erhältlich.

Um auch den Besitzern von älteren, in dieser Druckschrift nicht erwähnten Objektiven unserer Fertigung die Möglichkeit zu bieten, die Stereovorsätze zu benutzen, halten wir für diesen Zweck entsprechende Zwischenringe bereit. In einem solchen Fall bitten wir, diesbezügliche Wünsche direkt an uns zu richten. Dabei ist es allerdings erforderlich, uns Typ und Nummer des betreffenden Objektivs, an dem die Stereovorsätze angebracht werden sollen, mitzuteilen.


Stereoskopische Wiedergabe

Zu unserem Stereosystem gehören verschiedene Wiedergabegeräte, angefangen vom einfachen Stereobetrachter bis zum leistungsstarken 750-W-Projektor für Vortragszwecke usw. Die überwiegende Mehrzahl aller Stereoaufnahmen wird heute auf Farbumkehrfilm und ein kleinerer Teil auf Schwarzweiß-Umkehrfilm gemacht, da für die Wiedergabe fast ausschließlich das Diapositiv bevorzugt wird. Diesen Fakten entsprechen unsere Wiedergabegeräte.


Stereobetrachter

Dieses kleine und handliche Gerät, das in Fach- und Amateurkreisen offenbar noch zu wenig bekannt ist, vermittelt eine wirkungsvolle und genußreiche Stereobetrachtung, Das Gerät besteht aus dem eigentlichen Stereobetrachter, der mit zwei Augenmuscheln (abnehmbar) sowie einem Filmrahmen für unzerschnittene Filme versehen ist. In den Stereobetrachter lassen sich alle handelsüblichen Diarähmchen 5 x 5 einsetzen. Das Gerät kann man nach Belieben gegen vorhandene Lichtquellen (z.B. Fenster, Zimmerbeleuchtung usw.) halten. Eine besondere Beleuchtungseinrichtung liefern wir zusätzlich zum Stereobetrachter; sie wird über einen Kleinspannungs-Transformator 2,2 VA 220/6V an die Lichtleitung angeschlossen. Zur Farbkorrektur ist die Beleuchtungseinrichtung mit einem besonderen Blaufilter ausgestattet.


Stereoprojektion

Mehreren Personen zugleich zugänglich ist die Stereoprojektion mit unserem 375-W-Projektor, der für diesen Zweck durch einen Polorisations-Prismenvorsatz ergänzt wird, Als Projektionsfläche ist ein Silberschirm erforderlich, und zum Betrachten liefern wir Polarisationsbrillen. Zur Demonstration der Stereoaufnahmen vor einem größeren Personenkreis, wie dies bei Vorträgen, Vorlesungen usw. erforderlich ist, dient unser Stereoprojektor 750 W.
Nähere Angaben sowie entsprechende Druckschriften über die Stereoprojektionsgeräte, über Stereoprojektionszubehör sowie über den Stereobetrachter bitten wir von unserer Vertriebsabteilung Projektionsgeräte anzufordern.

Bestelliste

Stereovorsatz, Basis 65 mm .............................. 565000 E
 Stereovorsatz, Basis 12 mm ............................. 565003 B
Vorsatzlinse 500/M 40,5 W .............................. 547104 A
Vorsatzlinse 333/M 40,5 W .............................. 547108 A
Vorsatzlinse 200/M 40,5 W .............................. 547118 A
Zwischenring für Objektive mit
Filtereinschraubgewinde M35,5 ........................ 554051-41
Zwischenring für ein zweites Fotoobjektiv
als Vorsatzlinse (für Stereovorsatz,
Basis 12 mm) .................................................... 554051-31



Prospekt aus dem Jahr 1959 von Carl Zeis Jena. (© Text überarbeitet von D. Schulte)